Vorlesetag 2019
Auch in diesem Schuljahr hat die NMS 2 Kufstein wieder am Tiroler Vorlesetag teilgenommen und neben dem Vorlesen wurde ein Schwerpunkt auf die Kreativität und Fantasie der Kinder gelegt.
Im Vorfeld wurden Hörspiele aufgenommen, die von Schülerinnen und Schülern aller Schulstufen eingelesen wurden.
- für die siebte und achte Schulstufe: „Lea und Justin in der Schuldenfalle“
- für die fünfte und sechste Schulstufe: Bücher aus der Reihe „1000 Gefahren“
Das Besondere an all diesen Büchern ist es, dass sie ab einem gewissen Zeitpunkt auf verschiedene Weise fortgesetzt werden können.
Um auch den Themen der Bücher gerecht zu werden, wurden die Klassen in Knaben- bzw. Mädchengruppen geteilt und diese hörten sich die entsprechenden Hörspiele an.
Danach musste entschieden werden, wie die jeweilige Geschichte weitergeht.
Daher verfassten die Schülerinnen und Schüler selbstständig Fortsetzungstexte, die zum Teil unter der Bildgalerie hier auf dieser Seite veröffentlicht wurden.
Nach dem Verfassen der eigenen Ideen für den weiteren Verlauf wurden einige Versionen in den Gruppen vorgelesen. Aufmerksam hörte man den Vorlesern zu und Lehrpersonen und Kinder waren begeistert, welche vielfältigen Ideen beim Weiterschreiben zu Papier gebracht wurden.
Schließlich galt es, wieder eine Entscheidung zu treffen.
Dieses Mal musste man angeben, welche Fortsetzung des jeweiligen Buches gelesen werden sollte. Dies wurde von den Lehrpersonen oder auch von den Kindern übernommen.
Nach den zwei Stunden stellten die meisten Teilnehmer und Teilnehmerinnen fest, dass dies spannende und unterhaltsame Unterrichtseinheiten waren. Ganz unbewusst beschäftigten sich die Kinder mit genauem Zuhören beim Anhören des Hörspieles und der Fortsetzungen, schöpften aus ihrem Kreativitätspotential beim selbstständigen Schreiben und trainierten das Lesen, als sie ihre eigenen Varianten den Zuhörern und Zuhörerinnen vortrugen.
Justin in der Schuldenfalle
Fortsetzungen
… Justin ging zu seinem Vater und erzählte ihm von seinem Gespräch mit Moe. Sein Vater meinte: „Genau das ist es, was du tun musst! Wenn du dir nicht helfen lässt, wirst du noch obdachlos!“
Justin gefiel das gar nicht. Er wollte nicht zur Schuldenberatung. Also nahm er seinen Rucksack, packte seine Sachen und ging aus dem Haus.
Sein Vater dachte, dass er bald wiederkommen würde, doch er blieb Monate lang fort und unauffindbar. Die Polizei suchte nach ihm, doch niemand fand ihn. Sein Vater hatte Angst und befürchtete, ihm sei etwas zugestoßen.
Zu Silvester sah Justin das Feuerwerk, und er merkte, wie lange er schon weg war. Er hatte die ganze Zeit unter einer Eisenbahnbrücke gelebt, zusammen mit anderen Obdachlosen.
Er ging nachhause, doch eine andere Familie lebte dort. Sein Vater musste umgezogen sein. Als Nächstes ging er zur Polizei, wo man ihn nicht erkannte, da er so dreckig war, dass man sein Gesicht nicht mehr erkennen konnte. Doch als man ihn wusch, sah man, dass es Justin war.
Sofort riefen die Beamten Justins Vater an. Er war in ein anderes Viertel gezogen, da er mittlerweile auch verschuldet war. Doch er ging zur Schuldnerberatung und ihm wurde geholfen. Als Justins Vater hörte, dass sein Sohn noch lebte, fiel ihm ein Stein vom Herzen. Er lief sofort los und sah seinen Sohn auf der Polizeistation endlich wieder. Auch Moe kam, um ihn zu sehen.
Justin fand einen neuen Beruf bei einer kleinen Baufirma, bei der er bis heute arbeitet, und er hat seine Schulden abbezahlt.
Piero Lang
… Justin überlegte lange, ob er zur Beratung gehen sollte. Schlussendlich sagte er: „Ich gehe, ich schaffe das!“ Zwei Wochen später war es dann soweit. Mit ein bisschen Bauchgrummeln trat er hinein und meldete sich an. Eineinhalb Stunden später war das Gespräch beendet und er rief Moe an: „Hey, Alter“, sagte Justin, „hast du Zeit auf einen Kaffee?“ „Na klar!“, sagte Moe.
Sie trafen sich bei Justin zuhause. Justin erzählte, was er mit dem Berater besprochen hatte. Er solle seinem Vater die Wahrheit sagen und die gestohlenen Sachen zurückgeben.
Eine Stunde später kam Justins Vater heim. „Hey, Papa!“, sagte Justin, „ich muss mit dir reden.“ Justin ließ einen Seufzer aus und sagte: „Ich habe dein Geld geklaut und in Geschäften gestohlen.“ Sein Vater stand auf, schrie ihn wütend an und haute auf den Tisch. „Erstens, was hast du gekauft? Und zweitens, was hast du gestohlen?“ „Ich“, sagte Justin, „ich habe das neue Handy gekauft u-u-und ich habe gestohlen, weil ich alle beeindrucken wollte.“
Justins Vater war noch ein paar Tage sauer, aber dann beruhigte er sich und sie regelten, was falsch gelaufen war. Allmählich verstanden sich Vater und Sohn wieder besser und Justin lernte auch seine Mutter kennen. Als Familie erlebten sie so manche glücklichen Stunden.
Sebastian Möllinger
… Justin ging nachhause. Er wollte sich das mit der Beratung erst einmal überlegen. Doch ging er Zocken. Am nächsten Morgen begann die Sozialarbeit. Schlecht gelaunt ging er dort hin. Er hatte überhaupt keine Lust, so etwas Langweiliges zu machen und überlegte sich schon etwaige patzige Antworten. Doch das hatte er nicht erwartet. „Die sind ja alle voll nett!“ Er hatte erwartet, dass alle voll streng seien, da er ja etwas Illegales gemacht hatte. Aber nein, hier wollten die ihm helfen! Die waren alle viel netter als die Leute bei der Lehrstelle, wo er vorher gewesen war. Es fing an, ihm Spaß zu machen. Er wurde nicht herumkommandiert und schon gar nicht ausgelacht. Am letzten Tag von seiner Sozialarbeit kam Mo ihn besuchen. Er fragte ihn, wie es ihm so gehe. Justin erzählte ihm von seiner Arbeit, den netten Leuten und wie viel Spaß es ihm machte. Und er fragte dann, ob er mit ihm doch zur Beratung gehen würde. Natürlich sagte Mo ja. „Gleich morgen früh!“, als sie sich einige Meter voneinander entfernt hatten.
Am nächsten Tag ging Mo zu Justin. Er wollte ihn abholen. Nachdem er den Schlafsack endlich aufgeweckt hatte, gingen sie zur Beratung. Dort sollte man ihm helfen können, sein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Und das stimmte. Schon nach wenigen Monaten hatte er einen neuen Job und freute sich über das Plus in der Kassa. Er nahm sich fest vor zu studieren, genau wie Mos Bruder.
Samuel Prossliner